Ich will, Ich kann, Ironman
Autor: Karl
Wie kommt ein Mensch darauf unbedingt 226 km unter schwierigsten
Bedingungen, nonstop bei erheblichem Zeitdruck bewältigen zu wollen? Noch
dazu aufgeteilt auf drei Sportarten; nämlich: 3.8 km schwimmen,
180 km radfahren mit über 800 Höhenmetern und
anschließend noch einen Marathon, also 42.195 km laufen, alles
innerhalb von nur 17 Stunden!
Nach der zehnmaligen
Bewältigung des Swiss-Alpine Marathons im letzten Jahr, nach 25
Bergmarathons mit über 52.000 Höhenmetern und weiteren 5
Stadtmarathons innerhalb der letzten 12 Jahre, war mir eines ganz
klar:
Du brauchst ein neues Ziel!
Eine neue Motivation, eine neue Herausforderung. Noch dazu wo der 50er
ansteht, und da mußte etwas Verrücktes her.
Überraschend schnell kam ich auf den Ironman. Hatte ich doch in den
letzten 20 Jahren radfahren und laufen extrem betrieben, aber was ist mit
dem Schwimmen? Vergeblich versuchte ich Anfang des Jahres den Kraulstil zu
erlernen. Der erste Tiefschlag. Also mußte Brustschwimmen herhalten.
3.8 km in 2:30 min - machbar?
Allein die Vorstellung ist absurd. Morgens um 7 Uhr früh
würden sich 1800 Athleten in die Fluten des Wörthersees
stürzen, also das programmierte Chaos, Nahkampf pur, kochendes
Wasser, verlorene Schwimmbrillen usw. Das also wollte ich mir antun?
7. 7. 2002, 7 Uhr früh, START
Aber alle Zweifel sind mit dem Startschuß verflogen. Ich gehe
ganz im Hier und Jetzt auf, fühle mich wie erlöst in der
Bewegung - das war nicht immer so - denn 6 Monate Ironmantraining
haben ihre Spuren hinterlassen. Das war es aber doch, was ich wollte -
oder?
Natürlich gewisse Ängste vor der Strecke. Je
größer die Angst, umso mächtiger wird aber gleichzeitig das
Verlangen sie zu meistern. Mein Training, nun ja, es lief schon ziemlich
regelmäßig herunter. 35 km schwimmen, 1100 km
radfahren und mäßigen 370 km laufen. Der Wienmarathon als
letzter Lauftest? Einigermaßen gelungen in 3:55. Mein
körperliches Training ist zwar die Basis, aber nicht entscheidend
für den Erfolg, wie ich weiß. Der Ironman bleibt doch
größer, als man je sein kann. Es muß gelingen die entsprechend
trainierte Körper-Seele-Geist-Einheit die ganze Strecke über auf
den Brennpunkt zu konzentrieren, um über die momentanen
Schwierigkeiten hinauswachsen zu können. Positives Denken ist
angesagt.
Ich will, ich kann - Ironman
Nervlich doch schlimm die letzten 2 Wochen ohne Training.
7. 7. 2002, 7 Uhr früh, START
Ich schwimme meinen Bruststil aus der letzten Reihe tatsächlich
locker herunter, bin nach 1:55 im Ziel, 25 min vor dem Limit. Riesen
Erleichterung, als ich auf das Rad steige, da auch das Wetter super mitspielt:
bewölkt, um die 20 Grad. Das Radfahren, sehr anspruchsvolle
Strecke, ein Einzelzeitfahren sozusagen. Ich spule die 3 Runden mit
insgesamt 180 km und 800 Höhenmetern in 7:39 herunter, ein
zügiger 24er Schnitt. Ein Wahnsinn! Das heißt für
mich, du hast 7 Stunden Zeit für den Marathon, und obwohl es ab der 3.
Runde wieder sommerlich warm wurde, wußte ich, es ist natürlich
zu schaffen.
Unheimliche Begeisterung meinerseits und ein lockerer Marathonlauf wie
noch nie in 5:53 tragen mich ins Ziel. Der Zieleinlauf, der absolute
Wahnsinn, in 15:49:33. Gerade zu diesem Zeitpunkt eine absolute
Hochstimmung im Publikum. Die Zuschauer kochen schier über. Ich bin
im Ziel und gehe noch einmal zurück zu den Fans. Ich bin wie in
Trance, bekomme das Ganze nicht so richtig mit.
Unvergeßlich bleiben die Tage der Gemeinschaft danach, die Siegesfeier
auf der Wörtherseebühne. Erst nach und nach sickert das
Glück als innerer Friede vollständig durch, nimmt Besitz von
Körper, Seele und Geist.
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